Wieder einmal bin ich der Einladung der Koblenzer Museen, Galerien und Ateliers zur Langen
Nacht der Museen gefolgt, in diesem Jahr 2014 mit 27 teilnehmenden Häusern. Die
Eröffnung erfolgte durch den Kulturdezernenten der Stadt bei der Arbeitsgemeinschaft bildender Künstler am Mittelrhein im Haus Metternich auf dem Münzplatz. Der großen
Anzahl der Eröffnungsgäste erklärte der Kulturdezernent, wie wichtig eine
Veranstaltung wie diese sei, um die Bedeutung der Kunst einmal
gezielt hervorzuheben. Kunst, besonders wenn sie qualitativ so
hochwertig wie in Koblenz sei, mache eine Stadt lebens- und
liebenswert. Die Vorstandsvorsitzende der Künstlergruppe kündigte
für die Nacht im Haus Metternich mit allen Sinnen erlebbare,
lebendige Interaktionen an. Das Konzept zu der eigens für die
Museumsnacht mit "BeSINNlich" betitelten Ausstellung beinaltete neben der Bildenden Kunst, Lesungen,
Musik sowie Video- und Fotodokumentationen. Performative
Installationen sollten den Prozess des Entstehens von künstlerischen
Arbeiten für die Gäste sichtbar machen. Als Künstler wirkte unter
anderem David Hardy mit, der neben Wänden auch seinen Regenschirm
als Ausstellungsfläche nutzte. Der Besucher wurde
im Ausstellungshaus mit Sinnesreizen nahezu überflutet. Hier hätte man sich die
ganze Lange Nacht "um die Ohren schlagen können", ohne sich auch
nur einen Moment zu langweilen.
Selbst
wenn es nicht gelingen konnte, in den sechs zur Verfügung stehenden
Stunden alle Häuser mit mehr als achtzig Einzelveranstaltungen zu
besuchen, wollte jeder doch möglichst viele Kunstbegegnungen
erleben. Mit einem Bus-Shuttle ließ sich fast jedes teilnehmende
Haus, selbst das etwas abseits gelegene DB Museum, mühelos
erreichen. Wahre Eisenbahnfreunde gelangten dorthin mit dem
Historischen Sonderzug der DB. Um den Überblick nicht zu verlieren,
welches Haus welches Programm bot, und wie man dorthin kommen konnte,
gab es erstmalig eine kostenlose "Museumsnacht-App" für
Smartphone-Nutzer. Trotzdem blieb niemandem die Qual der Wahl
erspart. Gerade die Museen, speziell Mittelrhein- und Ludwig-Museum
hatten ein abendfüllendes Programm auf die Beine gestellt, boten
auch den jungen Kunstfreunden auf sie ausgerichtete Aktionen. Wer per
Seilbahn zur Festung Ehrenbreitstein gondelte, erlebte Kunst schon
während der Fahrt mit der in den Gondeln installierten Ausstellung
"Sky Art". Noch viel mehr Kunst und Kultur gab es auf der
Festung. Neben spannenden (Themen-)Führungen feierte zum Beispiel
das Landesmuseum die "Lange weiße Burgundernacht zum Barock"
mit Musik und Gaumenfreuden bei Kerzenschein. Und in der
Festungskirche gab es eine weitere Begegnung mit der Künstlergruppe AKM, die hier
zusammen mit der "Ökumene in der Festungskirche" Mircea
Handaburas Ausstellung "Grenzerfahrungen", begleitet von
Text-Musik-Collagen, zeigte.
Auch
in der am Fuße der Festung gelegenen Kunstresidenz Ehrenbreitstein
war die reiche Kunst- und Galerieszene in der Museumsnacht sehr aktiv. In einer Galerie wurde eine Fotoserie präsentiert, die sich dem Architekturprojekt "Nuova Corviale"
am Rand von Rom widmet. Mit einer besonders interessanten Idee
wartete eine andere Galerie auf. Hier präsentierte ein Künstler seine Porträtausstellung und die
neunmonatige Entstehungsgeschichte seines fiktiven Bildnisses von
Maria Magdalena Keverich, der Mutter Ludwig van Beethovens. Zur
Enthüllung des Gemäldes ging es in einem fröhlich-lärmenden, von Schauspielern begleiteten
Kerzen-Umzug quer über das auf dem Kapuzinerplatz stattfindende
Krebbelchenfest zum Mutter-Beethoven-Haus. Dicht an dicht drängten
sich die Gäste im Obergeschoss, wo das Programm mit Live-Musik umrahmt wurde. Die Idee des Künstlers wurde sehr gelobt, denn bisher gebe es keine Abbildung von der
jungen Maria Magdalena. Der Künstler überließ das von ihm gemalte Bildnis dem Haus
als Schenkung. Eine junge Ehrenbreitsteinerin habe ihm
dafür Modell gesessen, erklärte er. Die hübsche Frau mit dunklen
Haaren und melancholischen Augen verkörpere für ihn genau das, was
die Literatur Maria Magdalena Keverich an Eigenschaften zuspricht.
Mit verschiedenen Symbolen gestaltete der Künstler den Hintergrund
des Bildes. Die Galeristin erklärte die Ausführung als klassisch gemalt, fast altmeisterlich. Das Bild rede
mit dem Betrachter, es gehe auf die Dramatik im Leben der Maria
Magdalena ein, wurde in einer Laudatio das Werk gewürdigt, Mit diesem inspirierenden "Wesensporträt" sei es dem Künstler gelungen, das Denken und
die Phantasie des Betrachters anzuregen.
Nach
der Veranstaltung zog es viele Gäste zum Rhein-Museums oder zu einem
etwas oberhalb des Ortes gelegenen Atelierhaus, wo
zahlreiche große Skulpturen, Farbholzschnitte, Zeichnungen und eine Menge mehr Kunst zu bestaunen
waren. Ein besonderer Hingucker waren eine
blaue und beleuchtete 2,80 Meter große Pferdefigur im Garten sowie eine riesige Giraffe im Erdgeschoss des Atelierhauses, deren Kopf
neugierig in den ersten Stock blickt. Die meisten Figuren, mit denen "zu
spielen" die Künstlerin ausdrücklich auffordert, sind wetterfest.
Den immer wieder hineinschauenden Gästen zeigte die Künstlerin noch viel mehr von dem,
was ihre Kreativität im Laufe der Jahre hervorgebracht hat. Dabei
fand sich sogar ein weiteres Bildnis von Maria Magdalena Keverich.
Sie ist die Karo Dame auf dem Kartensatz, den die Künstlerin vor
Jahren einmal zeichnete.
Noch
mehr Kunst zu erleben, blieb wegen mangelnder Zeit ein reines
Wunschdenken. Ich habe mir vorgenommen, die anderen Häuser einfach
einmal an solchen Tagen besuchen, wenn nicht gerade ganz Koblenz im
Kulturrausch ist.
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