Sonntag, 23. August 2015

Das kommt mir Französisch vor - das Elsass. Oktober 2011.

Anreise nach Mulhouse (gesprochen: Mülhuus) über A61 und A5 Katastrophe. Wegen Brückenbauarbeiten Autobahn-Vollsperrung. Stau mit Stillstand. Leute steigen aus Autos aus und laufen rum. Wir nehmen nächstmögliche Abfahrt nach ca. 30 Minuten. Nie wieder Autoreisen! Umweg über Dörfer bis zur Wieder-Auffahrt. Danach reihen sich immer noch Baustellen an Baustellen. Alle fünf Kilometer lang. Schließlich Ankunft. Rudi hat uns gut geführt. Wie reiste man eigentlich früher vor der Zeit der Navis? Rezeptionistin spricht gottseidank Englisch. Nachdem sie keine Antwort von mir auf ihre Frage erhielt „Haben Sie uns gut gefunden?“. Parken kostet 6 Euro/Tag. Frühstück 8,50 Euro pro Person/pro Tag. Wir packen aus. Michael eine eigene Version eines Schlafanzuges. Kombiniert mal ganz neue Oberteile mit Unterteilen. In Mulhouse nur sehr wenige, eher keine Restaurants geöffnet. Preis pro Gericht: 15 Euro durchschnittlich. Flammkuchen auch für unter 10 Euro. Crepe auch. McDonalds hat geöffnet, aber je ca. 15 Personen in einer Schlange vor der Kasse. Subway gibt’s auch. Wir gehen rein. Premiere. Wie bestellt man so etwas. 15 cm oder 30 cm. Welches Brot, welcher Belag, welche Soße? Von einem 15 cm-Brot für knapp 5 Euro wird man jedenfalls nicht satt. Aber lecker war es.
Im Hotel fehlt Föhn, Michael kann bei Schlummer-Licht nicht lesen, jetzt Beine auf dem Tisch und Küchenlampe nutzen. O-Ton: Damit kann man die Sterne im Himmel anleuchten (Bettlampen). Plat du jour heute nur für mich: Gemüsesuppe und Nudeln mit Gemüsestückchen, darüber Schafskäse. Michael nachher bei McDonalds einen Burger und Pommes gegessen. Klo-Benutzung mit Hindernissen – mit Code auf der Quittung geht’s. Aber wie kommt man wieder raus? Ein Zufall (Knopf im Rauminneren) machte es möglich. Im Café Mozart kleine Törtchen gegessen. Brüllende Kinder machten aus Café Kindergarten. Michael bestellt zweiten WiFi-Code in Englisch. Hat tatsächlich geklappt. Ohne Kerzen und Sekt, aber mit einem guten Buch. Frühstück im Hotel gut: Croissants, Baguette, Käse, Wurst, Marmeladen, Kaffeeautomat, Joghurt, Müsli – das ist man von Frankreich eher nicht gewohnt. Was trinken die Elsässer? Bier mit Grenadine und irgendwelches grünes Gesöff. Haben wir noch nicht herausbekommen. Ich habe nach 6 Jahren erstes Mal wieder gebadet und es sehr genossen. Danach keinen Rücken mehr – toll. Nach Frühstück am nächsten Tag – Rücken ist übrigens wieder da – auf nach Colmar. Nach rund 1 Stunde Landstraßen fahren, ein Stück Weinstraße, Ankunft. Hotelzimmer nicht viel größer als unser Koffer. Eiskalt, Heizung funktioniert nicht. Wir dürfen umziehen in den nächsten Koffer. Packen gar nicht erst groß aus, wohin auch mit den Klamotten? Sind ja sowieso schon im Koffer. Dann rein in die Altstadt, die uns sofort bezaubert. Was uns sehr positiv auffällt, auch wenn wir es hier und heute nicht brauchen: Ein großer kostenlos nutzbarer PKW-Stellplatz am Eingang zur Altstadt. Koblenz erhöht seine Parkgebühren um 140 Prozent, in anderen Städten ist kostenloses Parken möglich. Warum da und nicht bei uns? Ein bisschen Rothenburg ob der Tauber, ein bisschen Venedig. Eine Häuserfassade älter und schöner als die andere. Überall sitzen die Leute draußen und essen. Wir finden direkt am Kanal ein Restaurant. So wollten wir in Venedig schon immer mal sitzen, dort war es aber immer zu teuer. Hier ist es auch nicht viel preiswerter, aber wir haben jetzt ja Barclay! Plat du jour zu 8 Euro „est fini“. War ja klar. Nehme ich eben Zwiebelkuchen, Michael Carpaccio. Dazu Pinot Grigio für mich, Michael will süß und wählt Muscat. Der ist aber trockener als meiner. Michael meckert. Hinter mir sitzt ein Paar, das im Restaurant seine Geschäfte erledigt. Sie telefoniert laufend in Englisch, es geht um irgendwelche Reservierungen, er surft im Internet. Sie nervt. Zum Dessert nehmen wir Café Gourmand als Erinnerung an die schönen Provence-Tage. 4 verschiedene Desserts kommen. Da kann man nicht meckern. Zum Schluss zahlen wir mit der Zauberkarte 40 Euro. Tut überhaupt nicht weh. Ich sehe überall in der Stadt Mode im Stil von Desigual. Traumhaft. Aber ein Teil kostet so viel wie ein Essen für uns beide. Also: Nur gucken, nicht kaufen. Aber Gondel fahren wir auch nicht. Die Gondeln sind hier zwar Kähne mit kleinem Elektromotor, kosten dafür aber auch pro Person für 30 Minuten nur 6 Euro. Trotzdem will der beste aller... nicht. Zum Abschluss der Altstadt-Tour gönnen wir uns noch Bier mit Grenadine. Wir sind ja jetzt schließlich Einheimische. Auf dem Zimmer empfängt uns endlich deutsches Fernsehen. Michael ist glücklich. Es gibt wieder Meckereien wegen der Lautstärke. Er hört nichts, mir ist es zu laut. Schon Rückweg war eine einzige Diskussion. Nehmen wir den Weg, der ist kürzer. Nein, der ist kürzer. Es folgen endlose Debatten über die Straßenführung. Niemand gibt nach. Also nehmen wir jetzt „meine“ Route und nehmen die Zeit: 6 Minuten. Morgen stoppen wir „seine“ Route. Dann wird wohl wieder Frieden einkehren.
Am nächsten Morgen Dauerregen. Heizung funktioniert wieder nicht. Och, die machen wir immer aus, wenn die Zimmer sauber gemacht werden sollen. Jetzt – für Sie – machen wir sie aber wieder an. Na, bitte. Geht doch. Mit Regenschirm bewaffnet, dick-bejackt ziehen wir zu Fuß über Michaels Route wieder Richtung Altstadt Colmar. 5 Minuten. Gut, war seine Strecke also 1 Minute kürzer. Auf dem Rückweg heute haben wir allerdings noch eine Zwischenstraße gefunden, die wirklich optimal war. Sicher nur 4 Minuten. Aber die brauchen wir nun nicht mehr.
In Colmar gehen wir heute in jede trockene Passage, in jeden Laden, in dem man sich ein wenig aufwärmen kann. Dann ist wieder Mittagszeit und ich vergewaltige Michael zu einem Plat du jour für 9 Euro. Er bekommt coq au riesling, ich Lachs. Einfach köstlich und mit viel Liebe zubereitet. Dazu ein kleines Gläschen Wein und ein fettes Dessert zum Abschluss. Aus der großen vorgetragenen Kuchen-Auswahl entscheide ich mich für Rhabarbar, um kurz danach zu hören, dass Rhabarbar nicht mehr im Angebot ist. Das ist ja wieder typisch. Ich wähle dann Käsekuchen. Der ist da und sehr lecker. Noch ein Espresso, dann geht es an die frische – sehr frische – Luft. Wir entscheiden uns für Kultur und besuchen das Naturkundemuseum. Schauen uns lauter ausgestopfte Tiere an. Das habe ich sicher vor 40 Jahren das letzte Mal gemacht. Auf dem Rückweg durch die Stadt, bummeln wir gemütlich durch die Gassen und gucken wirklich jede Auslage an. Zum Abschluss nochmal ein Café-Besuch. Dann ins Hotel, Fernseher an, Internet an – sehr wackelige Verbindung. Gerade eben mal wieder nicht. Aber das Nötigste ist erledigt. Versuche es später nochmal.
Fahrt nach Strasbourg ist ein Klacks. Rudi findet auch dieses neue Hotel mitten in der Stadt trotz Baustelle mit bravour. Nur einen Parkplatz nicht. Hoteldame verweist uns auf Parkhaus für 11 Euro/24 Stunden. Zimmer noch nicht frei. Wir stellen Koffer im Gepäckaufbewahrungsraum des Hotels ab und ziehen los. Direkt ans Ufer der Ill, wo die ganzen Boote liegen, mit denen man in gut einer Stunde über den Fluss fährt bis zum Europaparlament. Wir entscheiden uns, am nächsten Tag damit zu fahren. Es ist Essenszeit: 12-14 Uhr. Babsi isst Linsen mit Kartoffeln und dicker Wurst. Michael guckt zu. Holt sich später Croque Monsieur. Und am Abend noch einen Keks mit roter Marmelade. Der Arme. Aber ich kann ja nichts dafür, dass er sich meinen Essengelüsten nicht anschließen mag. Auf jeden Fall gefällt mir dieses Mittags essen sehr gut. Ich bin satt bis zum nächsten Morgen. Keine Schoko-Gelüste, am Abend keinen Appetit. Muss doch gut für die Figur sein, fürs Portemonnaie auch. Schon vor dem Essen bezieht sich der Himmel. Es wird ungemütlich. Michael auch. Er friert in seinem Strickjäckchen. Will ins Hotel. Ich will weiter durch die Stadt ziehen. Wir gucken noch das Münster an, ich schaue den Straßenzeichnern zu. Wir kaufen zwei Briefmarken für Karten an riro und die Brüggemänner in der Post. Eine nette Angestellte hilft uns bei der Bedienung des Automaten. Dann fängt es an zu regnen. Wir gehen in ein Café, bestellen heißen Kakao. In der Dauer-Nachrichtensendung im dort aufgehängten Fernseher lesen wir in Französisch, dass Gaddafi tot ist. Der Tunesier neben uns freut sich wie verrückt. Wir trinken noch einen Ricard (ich) und einen Martini (Michael). Draußen wieder trocken, immer noch kalt. Wir gehen ins Hotel. Schönes Zimmer, geräumig, gemütlich. Deutsche Fernsehsender. Internet – wie in allen Zimmern zuvor auch. Nachdem Michael sich aufgewärmt und ein wärmendes Jäckchen übergezogen hat, ziehen wir nochmal los, gucken, was auf unserer Seite der Ill so zu sehen ist. Auch hier viele nette Straßen, hübsche Häuser, schöne Geschäfte und appetitanregende Lokalitäten.
Michael schnieft und schnauft. Hat schlechte Laune, Erkältung bahnt sich doch ihren Weg. Spray nimmt er nicht. Neee, meine Nase tut schon weh. Pillen nimmt er ja gerne. Also wenigstens die. Hoffentlich erwischt es mich nicht auch. Am zweiten Strasbourg-Tag sollte eigentlich die Sonne scheinen. War aber nichts. Nur dicke wabernde Nebelwolken über der Stadt. Eiseskalt war es dazu. Also haben wir uns bewegt. Durch Petite France und die gesamte Stadt kreuz und quer. Mein Plat du jour haben wir verpasst, weil Michael sich immer zu spät entschließt, nach einem passenden Lokal zu suchen. Nach 13 Uhr bekommt man Plat du jour oft schon nicht mehr. So bekam ich heute Flammkuchen mit Munsterkäse. Michael landete am späten Nachmittag nochmal bei McDonalds. Dazwischen noch ein Kaffee in einem Café, für das wir sehr lange unterwegs waren. Ich lief nur noch wie ein Automat neben Michael her. Orientierungssinn völlig verloren. Immer wieder der selbe gelbe Briefkasten? Ich hatte den Verdacht. Wollte schon heimliche Zeichen anbringen, um einen Beweis erbringen zu können. Darüber habe ich einen regelrechten Lachkrampf bekommen. Im Café saßen wir und beobachteten das rege Leben aller Verkehrsteilnehmer. Autos halten bei Rot, Fußgänger und Radfahrer nur, wenn auch Autos das erforderlich machen. Ansonsten laufen alle über die Straße, wann es ihnen gerade passt. Radfahrer queren die Spuren der Fußgänger und trotzdem geht alles immer gut. Ganz erstaunlich. Nun sind wir nicht Boot gefahren und ich habe mich nicht malen lassen. Nun, ja. An einem anderen Ort zu einem anderen Zeitpunkt. Alles wird immer überall möglich sein. Bestimmt auch mal in Koblenz bei einem der vielen Stadtfeste. Sonst kommen wir halt noch einmal her.

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