Weil
eine Harley Davidson allein noch keinen Sommer macht, gab es kurz vor
Sommeranfang Verstärkung von weit mehr als achthundert Motorrädern,
die zum Auftakt des 13. Biker-Treffens "Magic Bike Rüdesheim"
mit ihren Fahrern die landschaftlich schöne Strecke von Rüdesheim
durch das UNESCO Welterbe Mittelrheintal nach Koblenz rollten. Bei
dieser siebten, von Initiator Herbert Piel organisierten
Welterbe-Rundfahrt sollte der Stopp ursprünglich vor dem
Kurfürstlichen Schloss in Koblenz eingelegt werden. Weil dort jedoch
eine andere Veranstaltung stattfand, die mit dem Termin kollidierte, wurde die Parkebene auf dem Dach des Koblenzer Löhr Centers als ein
sehr spezieller Ausweich-Ort angeboten. Das am Fronleichnams-Feiertag
eigentlich geschlossene Center-Parkhaus war speziell für die Biker geöffnet und die oberste Parkebene ihnen für ihr Treffen kostenfrei zur Verfügung gestellt worden. In
diese luftige Höhe über Koblenz verschlug es allerdings nur wenige Fans der Kult-Motorräder mit dem besonderen Design und
dem ganz speziellen Sound. Doch zumindest die beeindruckende Einfahrt
der Biker-Kolonne wurde von etlichen Interessierten beobachtet. Im
Konvoi fahrend, mit Polizei-Geleit und Hubschrauber-Observierung
erreichten die aus ganz Deutschland, und vereinzelt auch den
angrenzenden Ländern kommenden Biker ihr Pausenziel. Minutenlang
dröhnten die Motoren, während eine Maschine nach der anderen auf
das Parkdeck rollte. "Was hier los ist, kannst Du Dir nicht
vorstellen", berichtete einer der Biker aufgeregt seinem
Handy-Gesprächspartner. Auch ich war komplett begeistert: "Was
für ein Event!" An der Essensausgabe verursachte der in diesem
Jahr aufgestellte Teilnehmer-Rekord eine rekordverdächtig lange
Schlange. Doch die Biker nahmen es gelassen. Sie nutzten die
Wartezeit, um die Aussicht auf die Stadt zu genießen und sich
auszutauschen über die Strecke und die Erlebnisse beim Fahren in der
Kolonne. Natürlich diente der rund einstündige Aufenthalt auch der
Begutachtung der vielen verschiedenen Harley-Modelle der anderen
Fahrer. Man fachsimpelte über Technik, Lackierungen und Umbauten,
die nahezu jeder Maschine ein ganz individuelles Aussehen gaben.
Zwischen all den Harleys parkten auf dem Deck auch einige Motorräder
anderer Marken wie Honda, BMW oder Yamaha - sogar ein Trike war
dabei. Teilnehmen dürfe schließlich jeder Biker, klärte ein
Mitfahrer auf. Selbst mit einem Vespa-Roller dürfe man sich der Tour
anschließen. Doch, mit meiner Vespa an dem Konvoi teilzunehmen, hätte ich als respektlos erachtet. Wer glaubt, eine Harley Davidson müsse zwangsläufig
von dem Typus "tätowierter langhaariger Rocker" gefahren
werden, der irrt. Heutzutage sind die Fahrer meist reiferen Alters,
eher grauhaarig oder kahlköpfig und machen einen recht zahmen,
soliden Eindruck. Weibliche Fahrerinnen sind offenbar immer noch die
Ausnahme. Vielleicht ist ihnen ein durchschnittliches Leergewicht von
mehr als 300 Kilogramm schlichtweg zu viel. So waren die meisten
Damen als Sozia unterwegs. Selbst ein kleiner Hund durfte auf der
Welterbetour seine Menschen auf dem Motorrad begleiten. Er hatte
(angeschnallt) seinen Platz ganz vorne auf dem Bike, ausgestattet mit
Sonnenbrille und Lederweste. Als am Nachmittag das Zeichen zum Aufbruch
gegeben wurde, starteten Hunderte von Motoren fast gleichzeitig. Das
Löhr Center erzitterte unter dem unvergleichlichen Klang, dem
Blubbern und Dröhnen, das ein ganzes Lebensgefühl verkündet. Vielleicht wird der
"ohrenbetäubende Lärm", wie manche es nennen, in
Zukunft anders klingen, wenn nämlich die nächsten
Harley-Generationen mit Elektromotoren ausgerüstet sind. Die
Ausfahrt aus dem Parkhaus gelang tadellos und sehr diszipliniert. Die
Fahrer zog es zurück nach Rüdesheim, wo die viertägige "Magic
Bike" unter anderem mit Stuntshows, Musik-Feuerwerk und
zahlreichen Konzerten auf drei Bühnen den wohl mehr als 25.000
Teilnehmern und Besuchern ein großes Unterhaltungsprogramm bot. Ein
weiterer Höhepunkt des Biker-Treffens war, wie schon in den
vergangenen Jahren, die Motorradparade durch den Rheingau.
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