Dienstag, 25. Juli 2017

Rimini und Mehr mit Trendtours Touristik

Im März 2016 sind wir einmal wieder mit Trendtours unterwegs. Unser Ziel: Rimini mit Ausflügen nach Perugia, Assisi, San Marino und Florenz.

Nach unserem Zustieg in Koblenz legt der Bus noch zwei Stopps ein, um weitere Reisende aufzunehmen. Die Nachtstunden bis zur Schweizer Grenze verbringen wir im Dämmerschlaf. Mit Decke, Kissen und Schlafmaske ausgerüstet, schafft man es, die Stunden einigermaßen entspannt zu überstehen. Fahrer Detlef versorgt uns, nachdem Kollegin Kristina das Steuer übernommen hat mit Kaffee & Co. Wer nicht schläft, wird auf der Fahrt durch die Schweiz in der Morgendämmerung mit traumhaften Aussichten belohnt. 




Die Bergspitzen erglühen in den ersten Sonnenstrahlen. Detlef erweist sich als perfekter Reiseleiter - kann Gesteinsarten erklären und nahezu druckreif Wissenswertes zu Land und Leuten vortragen. Das ist zwar alles hoch interessant, aber die Bildung gibt es nur auf Kosten eines Nickerchens, denn gegen die akustische Berieselung würde wohl auch kein Ohropax ankommen. Lesen ist während der Unterrichtsstunden genau so wenig möglich. Trendtours bietet zwar kein Frühstück, aber die unvermeidliche Bockwurst mit Kartoffelsalat steht während der Busfahrt natürlich auf dem Speiseplan. 

Mittels zuvor ausgeteilter Wertkarten, auf denen sämtlicher Verzehr abgestrichen wird, versorgt uns die Crew unkompliziert mit Cappuccino, Wasser und anderen Getränken. Ein zweistündiger Stau vor dem 17 Kilometer langen Gotthard-Tunnel bremst uns dummerweise aus. Ein Bus ist im Tunnel liegengeblieben – da geht gerade gar nichts mehr. Als es wieder rollt, kommen wir bald am Lago Maggiore vorbei. Dann entdecken wir auch schon die ersten Palmen am Straßenrand. Um 12 Uhr zeigt das Thermometer 13 Grad. Eine Stunde vor Ankunft in Rimini legen wir eine letzte Pause ein. Es ist 16.30 Uhr, leichter Regen begrüßt uns. Die Weiterfahrt führt uns vorbei an blühenden Kirsch- und Pfirsichbäumen, und wir lernen von Detlef, dass hier auch Reis angebaut wird. Nee, ne? Reis im Nudelland Italien!

Ankunft am Hotel Cuba in der Via Trapani in Rimini. Die Straße liegt ziemlich weit außerhalb des touristischen Ortskerns. Das Hotel scheint heute zum ersten Mal nach der Winterruhe zu öffnen. Es ist in allen Räumen eisig kalt. Erst als wir im Speisesaal Platz nehmen, werden die Klimaanlagen eingeschaltet. Wir setzen uns an einen noch freien Tisch am Ende des Saals – da dürfen wir aber nicht bleiben, wir müssen aufrücken – dicht heran an die anderen Gäste. Vermutlich, um der Bedienung zu lange Wege zu ersparen. Unser erstes Abendessen besteht aus Pasta, Schweinebraten und Obst. In unserem Zimmer läuft im Bad die Klospülung ohne Unterlass. 

Die Duschlösung ist sehr gewöhnungsbedürftig, die Klobrille liegt demontiert neben der Toilette. Das repariert mein mitgereister Schlossermeister natürlich meisterhaft. Außerdem brennt nur eine von drei vorhandenen Lampen. Darum und um die anderen Problemfälle will sich der Chef am nächsten Morgen kümmern – und tut es auch sehr verlässlich. Zum Frühstück gibt es das typisch italienische Weißbrot ohne Geschmack, Wurst, Käse, Marmelade, Cerealien. Was aufgegessen ist, ist aufgegessen. Nachgelegt wird nicht. An den beiden Kaffeeautomaten bilden sich lange Schlangen, denn jeder drückt die Tasten mehrfach, um seinem Kaffee die richtige Konsistenz zu verleihen. 

Der erste Tag steht zur freien Verfügung. Wir laufen die fünf Kilometer bis zum Hafen und tanken unterwegs auf diversen Parkbänken Sonne. Weit über 100 „Balnearios“, also Badeanlagen am Meer, versperren über die gesamte Strecke Sicht und Zugang zum Strand. 

Findet man doch mal eine Gasse, durch die man zum Meer gelangt und wirft von dort einen Blick zurück, macht das Ganze keinen guten Eindruck. Da viele der Badeanlagen ungepflegt und (vielleicht nur zu Anfang der Saison) vernachlässigt wirken, erinnert uns der Anblick ein wenig an die Favellas in Südamerika. 



Am Kennedyplatz sind gerade Bauarbeiten im Gang. Die machen Hoffnung, denn hier soll eine attraktive Strandpromenade entstehen. Wir gehen die Hauptstraße entlang, Richtung Rimini-Zentrum. Geschäfte, Bars und Restaurants reihen sich aneinander. Viele werden von Tamilen betrieben. Die Italiener scheinen alles verpachtet zu haben, um promenieren zu können, Sport zu treiben, mit dem Hund spazieren zu gehen, sich mit Familie und Freunden zu treffen, gemeinsam zu tafeln und zu schwatzen. Jetzt finden wir ein sonniges Plätzchen zum Niederlassen. 

In der Bar Souvenir an der Hafeneinfahrt genießen wir Martini (4 Euro) und Espresso (1,70 Euro) und beobachten in aller Entspanntheit das Treiben. 


Als wir uns fit genug zum Weitergehen fühlen, schlagen wir den Weg entlang des Flusses Marecchia bis zur Römischen Brücke Ponte di Tiberio ein. 


Von dort aus betreten wir die Altstadt und entdecken einen Platz nach dem anderen. Wir sehen etliche noble Geschäfte, einladende Cafés, die mit süßen Spezialitäten zum Bleiben verlocken. In der geschmackvoll und gemütlich eingerichteten Pasticceria Il Duomo gönne ich mir einen Espresso mit flüssiger Schokolade und Sahnehaube. 



Den Weg zurück zum Meer nehmen wir durch einen schönen Park. Bis zum Hotel wollen wir aber nicht laufen. An Haltestelle Nr. 12 steigen wir in den Bus und kommen mit dem 1-Zonen-Ticket für 1,30 Euro bis zur, dem Hotel nächst gelegenen Haltestelle Nr. 26. Das Verkehrssystem ist gut organisiert hier in Rimini - auch Fremde kommen damit prima klar. Unbedingt daran denken: Die Tickets, die man in jeder Tabaccheria kaufen kann, müssen im Automaten im Bus entwertet werden.

Am nächsten Tag fahren wir mit Quasselstrippe Sabrina als Reisebegleiterin per Bus nach Perugia und Assisi. 


Während der dreistündigen Fahrt gibt sie uns zahlreiche Informationen zu Landschaft, Lebensart und Sprache. Dunkle Wolken hängen über dem umbrischen Himmel. Sabrina schwärmt von dem wahrhaftigen Espresso - „ein Genuss für uns Italiener“. „Trinkt ihn an der Theke in den Bars – dort ist er billiger!“ In Perugia kaufen wir Trüffel, bewundern Paläste und kosten die von einem Händler aus Bangladesh am Straßenstand angebotenen Maiskolben. 
















Nächster Stopp: Assisi. In der hübschen Altstadt, wo das Laufen wegen der kleinen Pflastersteine nicht gerade bequem ist, stromern wir bei Regen durch die idyllischen Gassen. Die meisten Häuser sehen wie frisch renoviert aus.

Ich esse hier die köstlichste Zwiebel-Pizza meines Lebens. Und die mit Creme gefüllte süße Blätterteigrolle ist ebenso ein Genuss. Zum Einkaufen gibt es Vielerlei und vielerlei wirklich schöne Dinge jenseits der typischen Souvenir-Artikel. Kunst, Kunsthandwerk, Köstlichkeiten der Region, Schmuck und mehr.




















Der Trendtours-Ausflug am Folgetag führt uns nach Santarcangelo und San Marino. Der erste Ort ist ein kleines Städtchen. Der Markt bietet neben Obst und Gemüse auch Kleidung – allerdings eher für die biedere Hausfrau. 


Darüber hinaus gibt es nicht so viel zu sehen, wie die Aufenthaltszeit dauert. 













Die Grotte hätte uns interessiert, aber dafür reicht die Zeit dann wiederum nicht. Die dunklen Wolken von gestern verfolgen uns offensichtlich. Hinzu kommt eine unangenehme Kühle. Da sind wir froh, als der Bus wieder vorfährt und wir einsteigen können. 
In San Marino nehmen wir des Wetters wegen am gemeinsamen Mittagessen im Restaurant, das sich unweit des Parkplatzes befindet, teil. In der gemütlichen Taverne sitzt es sich prima und die acht Euro pro Gericht (Pasta, Pizza oder Fleisch inkl. einem Getränk) sind gut angelegt. Für den Preis erwarten wir nicht viel, werden aber angenehm überrascht. Alles ist sehr schmackhaft, das Personal nett und flott. Wer gut zu Fuß ist, nimmt sich zum Dessert die weitere Erkundung des Ortes vor bis ganz nach oben zu den Festungstürmen. 


Unterwegs locken Geschäfte mit sehr touristisch gefärbten Auslagen. Teure Uhren, Schmuck, Waffen und Parfums sind hier der Renner. Hat man drei Geschäfte gesehen, kennt man sie alle. Die Angebote sind nahezu identisch. Kreativität ist Fehlanzeige. Da bedauern wir es nicht, Abschied zu nehmen und die Rückfahrt nach Rimini anzutreten. 
Die Zeit bis zum Abendessen (Lasagne und Grillteller) nutzen wir, um noch ein wenig am Meer entlang zu gehen. Die vielen einzelnen Schuhexemplare, die wir am Strand finden, würden reichen, um ein modernes Kunstwerk daraus zu gestalten. Das scheint ein ähnliches Phänomen zu sein, wie das mit den Socken, die von Waschmaschinen gefressen werden.


Am nächsten Morgen endlich Sonne. Die Mitreisenden sind schon unterwegs nach Venedig. Weil wir dort schon oft waren, verzichten wir und nehmen uns Zeit für Rimini. Auch wenn das Brot am Frühstücksbuffet schon etwas eingetrocknet ist, genießen wir es, ganz in Ruhe zu frühstücken. Der Cappuccino aus dem Automaten besteht übrigens locker den „7-Sekunden-Zucker-auf-Schaum-bleiben“-Test. Mit dem Linienbus Nr. 11 fahren wir bis zur Haltestelle Nr. 16 und laufen von dort die Geschäftsstraße entlang in Richtung Hafen. Unterwegs kommen wir an unzähligen Drei- und Viersterne-Hotels vorbei, die in der Überzahl einen sehr gepflegten Eindruck machen. Kaum eines der Häuser ist höher als fünf Stockwerke. Wir legen uns eine Weile an den hier freien Strand und genießen die Sonne. 
















Später am Tag gibt es in „unserer“ Hafenkneipe wieder Martini und Espresso. 



Danach erkunden wir das mittelalterliche Fischerviertel Borgo San Giuliano, das gegenüber der Altstadt auf der anderen Fluss-Seite liegt. Die Häuser sind ein Open-Air-Kunstmuseum. Auf den bunten Fassaden-Untergrund haben Künstler Wandmalereien gezaubert. Zu sehen sind Szenen aus den berühmtesten Werken Fellinis und diverse Porträts. 
















Auch die bunten Keramikschilder neben den Eingangstüren sind ein echter Hingucker. Dort finden sich die Namen der letzten Fischer, die hier seit Mitte des 20. Jahrhunderts lebten. 


Der Spaziergang hat sich gelohnt. Für den Fußmarsch belohnen wir uns in dem schon am ersten Rimini-Tag entdeckten Café mit einer leckeren Gebäckspezialität.


Der nächste Tag ist wieder ein Reisetag. Es geht nach Florenz. Inklusiv Pause brauchen wir etwa 3,5 Stunden bis dorthin. Bevor wir zur Altstadt fahren, legen wir noch einen Stopp am Piazzale Michelangelo auf einem Hügel am gegenüberliegenden Arno-Ufer ein, von wo man einen herrlichen Blick über Florenz genießt. 


Natürlich haben sich diesen Platz auch etliche Souvenir-Stände zunutze gemacht. Für Frau Schnäppchenjäger finden sich hier ein sehr schöner Florenz-Schal und ein ebenso schönes Florenz-Shirt zu je 5 Euro. Trotz des günstigen Preises ist die Qualität nicht schlecht. Vor dem Ausstieg in der Altstadt werden Stadtpläne an die Fahrgäste ausgeteilt. An der angebotenen Stadtführung nehmen wir nicht teil. Statt dessen arbeiten wir anhand des Plans die schönsten Plätze, Paläste und Denkmäler im Zentrum auf eigene Faust ab. Kirchen, außer dem Dom von Santa Maria del Fiore, gucken wir uns von innen nicht an. 


Die Besichtigung des Doms ist ohne Eintrittsgeld-Zahlung möglich. Unbedingt will ich den Schweine-Brunnen (Porcellino) finden. Man soll eine Münze auf den Kopf des Ebers legen. Fällt sie in das Gitter darunter, soll es Glück bringen. Wir finden diesen verdammten Brunnen nicht. Das Schwein hat wohl das Weite gesucht. Ob es deswegen jetzt anfängt zu regnen? Doch es sind ja nur einige wenige Tropfen – Petrus hat ein Einsehen. An den Uffizien beginnend schlendern wir durch die Altstadt. Auf die Meisterwerke im Inneren verzichten wir. Dafür bewundern wir die Skulpturen auf der Piazza della Signoria – die bekannteste ist natürlich Michelangelos David. Das Original befindet sich in der Galleria dell'Accademia, aber diese Kopie ist bestimmt ebenso schön. 



Obwohl wir zu Hause eigentlich genügend Stehrumchen haben, eine Miniatur der Skulptur muss unbedingt noch bei uns einziehen. An jedem Souvenir-Stand gibt es diese Figuren aus verschiedenstem Material und in jeder Größe zu kaufen. Die allgemeine Betriebsamkeit in der Altstadt, die vielen Restaurants, Bars und Cafés – viele haben ihren eigenen, ganz besonderen Stil – bezaubern uns. Ein Stück Pizza im Schnellimbiss kostet zwei bis drei Euro – das ist für eine solche Touristenstadt doch ein sehr humaner Preis. Doch Florenz ist eben auch eine Universitätsstadt – da muss man wohl preislich gesehen den jungen Leuten etwas entgegenkommen. 


Rund um die Markthalle ist heute ein Lederwaren-Markt aufgebaut. Wir fliegen hindurch, denn die Zeit sitzt uns im Nacken. Florenz lässt sich übrigens nicht nur zu Fuß erkunden, sondern auch mit Hop-On-/Hop-Off-Bussen, per Kutsche, Rikscha und allerlei anderen Gefährten. Zum Abschied werfen wir noch einen Blick auf die Ponte Vecchio - dann treten wir um 16 Uhr leider schon wieder die Rückfahrt an.


Der letzte Urlaubstag ist wieder grau und kühl. Die einzige Stunde Sonne am Nachmittag genießen wir in Rimini an der Hafenbar, wo wir heute schon wie alte Bekannte begrüßt werden. Beim Bummel durch das Städtchen kommen wir dieses Mal am Castel Sismondo vorbei und an den Überresten des römischen Amphitheaters. Neben Augustusbogen und Tiberiusbrücke ist es das dritte der großen römischen Monumente im Ort. 



Besichtigen lässt sich gar nichts – die Saison beginnt erst Anfang April. Das merkt man auch daran, dass an zahlreichen Straßen und Plätzen in Rimini gebaut wird. Unsere „Henkersmahlzeit“ im Hotel besteht aus Farfalle und Schnitzel ohne Panade.

Am nächsten Morgen um 7.00 Uhr ist die Abfahrt geplant. Alle – außer mir – sitzen natürlich schon eine Viertelstunde vorher im Bus. Eine traurige Nachricht erreicht uns an diesem Morgen. Der Busfahrer eines befreundeten Unternehmens war eine Stunde zuvor einem Herzinfarkt erlegen. Unsere Busfahrerin springt für ihn ein, so dass wir nur mit Detlef als einzigem Busfahrer, der dazu auch noch Geburtstag hat heute, die Rückreise antreten. Zehn Lenkstunden seien für Busfahrer zulässig, versichert der seiner besorgten Mitfahrerschaft. Wir sind alle beunruhigt, denn wir spüren, dass er sehr betroffen ist von diesem Vorfall. Ganz still ist es im Bus. Niemandem ist es danach, die Fahrt zu genießen und in fröhlicher Geselligkeit durch die Landschaft zu fahren. 


Irgendwann beschließe ich dann, mich anzubieten, um Getränke an die Mitreisenden auszugeben. Sogar Cappuccino & Co. kriege ich mit ein wenig Nachhilfe von Detlef schließlich ganz gut hin. Knapp 16 Stunden nach Abfahrt sind wir wieder in Koblenz. Unter dem Strich: Die Trendtours-Reise hat sich gelohnt, wenn die Jahreszeit auch noch ein wenig zu früh für Rimini war. Aber das Preis-Leistungsverhältnis war super, wir haben viel gesehen, die Reiseleitung war top. Wir werden sicherlich bald einmal wieder mit diesem Unternehmen auf Tour gehen.

Sonntag, 16. Juli 2017

Mit der Volkshochschule nach Wissembourg

Die Volkshochschulen vermitteln Wissen nicht nur in Klassenzimmer ähnlichen Räumen, sondern gerne auch einmal im Rahmen von Ausflügen. Im September 2015 entschied ich mich, an einer sonntäglichen Herbstexkursion der Volkshochschule Koblenz nach Wissembourg (Weißenburg) im Elsass teilzunehmen. Die nicht einmal zehntausend Einwohner zählende Stadt ist die erste Stadt nach der deutsch-französischen Grenze und wird als Paradebeispiel gepriesen für eine Region, die von zwei Kulturen gleichermaßen geprägt ist. Wissembourg, 1648 im Westfälischen Frieden zusammen mit dem Elsass von Frankreich annektiert, mehrfach zerstört, mehrfach die Staatszugehörigkeit gewechselt, gehört seit 1945 endgültig zu Frankreich.




Die Exkursion wurde für 8 Euro zuzüglich der Kosten für die Bahnfahrt (dafür bezahlte ich 10 Euro) angeboten. Als Dozent begleitete der Historiker Dieter Gube die Fahrt, die mit dem Rheintal-Express um 9.30 Uhr ab Hauptbahnhof Koblenz begann. Die teilnehmende Gruppe bestand aus zwei Männern und etwa zehn Frauen. Im Zug teilte Gube direkt verschiedenerlei Infomaterial zur Stadt, zum Elsass und zu anderem auf der Strecke liegendem Wissens- und Sehenswertem aus, um das Hintergrundwissen seiner kulturbeflissenen Schüler zu stützen. Dazu gehörten auch verschiedene „Blätter zum Land“, eine Publikationsreihe der Landeszentrale für politische Bildung. Die gab er während der Fahrt sozusagen auf Raten aus, so dass niemand mit Informationen überfrachtet wurde, sondern zu jeder Etappe ein Häppchen Wissen gereicht bekam. Kurz vor dem Erreichen und nach dem Verlassen des Bingener Bahnhofs gab es beispielsweise „Blätter“, die Informationen zur Drususbrücke in Bingen und zu Hildegard von Bingen lieferten. Die Drususbrücke konnte man übrigens sehr schön vom Großraumwagen des Zuges aus sehen. Mit großem Interesse verfolgte der Bad Kreuznacher Schaffner unseren Ausflug samt Lehrstunde. Schnell brachte er sich ein, wurde sozusagen unser persönlicher Zugbegleiter und ließ uns Steilwände und Burgen durch seine Brille betrachten. Mit so viel Erläuterungen zur vorbeiziehenden Landschaft verging die Fahrzeit wie im Fluge. Kurz vor Erreichen des Bahnhofs Wissembourg ließ Gube eine Liste herumgehen, in der sich diejenigen eintragen konnten, die anschließend am gemeinsamen Mittagessen in dem typisch elsässischen Restaurant „Au Cygne“ (Zum Schwan) teilnehmen wollten. Auch ich trug mich dort ein, weil ich glaubte, es könnte ein schönes Gemeinschaftserlebnis werden. Im Grunde meines Herzens wäre ich allerdings lieber alleine losgezogen, um an einem mir genehmen Platz irgendwo im Ort zu speisen.
Nach einem Fußweg von rund einer Viertelstunde erreichten wir die historische und pittoreske Altstadt. Vor dem Restaurant wurde uns der Tages-Zeitplan kundgetan. 



Für das Essen waren zwei Stunden eingeplant, danach sollte es einen kurzen Stadtspaziergang sowie eine Stunde zur freien Verfügung geben. Da ärgerte ich mich dann doch, mich für den Schwan entschieden zu haben, denn eigentlich wollte ich doch nicht in erster Linie die elsässische Küche kennenlernen, sondern mehr in die Region, den Ort und die Leute hineinschnuppern. Aber nun war es eben so. Draußen schien die Sonne, im Restaurant war es relativ duster, dennoch irgendwie gemütlich. In einem eigenen Raum waren einige Tische extra für unsere Gruppe gedeckt. Beim Anschauen der Speisekarte (erfreulicherweise auch in deutscher Sprache) erschienen mir die Preise für meinen Geldbeutel dann doch ziemlich happig. Ich entschied mich für eines der preiswertesten Gerichte: Ein Rehragout für 18 Euro – man gönnt sich ja sonst nichts. Dazu ein kleines Glas Wein für 4 Euro. Wer ein normales 3-Gänge-Mittagessen zu sich nahm, musste durchschnittlich mit etwas über sechzig Euro inklusiv Aperitiv und Digestiv rechnen. Auf der Karte standen neben Wildgerichten Köstlichkeiten wie Austern, Pasteten, Sauerkraut mit verschiedenen Fleischspeisen oder Schnecken, in Teig gebacken.
Richtig genossen habe ich das gute, aber nicht exzellente Essen nicht, denn ich fühlte mich als Alleinreisende unter den anderen rundum unwohl. Alle waren paarweise oder gar in Gruppen unterwegs und führten verständlicherweise ihre internen Gespräche, an denen sich schlichtweg kein Außenstehender beteiligen konnte. Da sitzt man dann wie „Karl Arsch“ am Tisch und guckt blöd vor sich hin. Die nächste Hürde war die Rechnung, die, wie es fast überall in Europa - außer in Deutschland - üblich ist, pro Tisch ausgestellt war. So mussten die Leutchen alles mühsam auseinander rechnen, wenn nicht einer mehr bezahlen sollte, als er zu sich genommen hatte.


Bei dem anschließenden, von Gube begleiteten Stadtspaziergang kamen wir an vielen schönen und historisch bedeutsamen Häusern vorbei. Gerade um den Place de la Republique (Marktplatz) versammeln sich die Schönheiten. Ein besonders augenfälliges Gebäude ist das 1450 als Spital erbaute Salzhaus mit seinem hohen Dach, das einst als Salzlager und als Lazarett diente. 


Doch vor allem verzücken die Fachwerkhäuser die Besucher. Sie verleihen dem Städtchen einen liebenswerten Charme. Hervorheben will ich hier das1550 errichtete, an der Lauter gelegene Wohnhaus „de l'ami Fritz“ mit dem hübschen Erker, den das Wahrzeichnen der Gerber und der Bauleute ziert. 


Sehr beeindruckend ist zudem das 1752 gebaute Rathaus (Hotel de Ville) aus rotem Vogesensandstein und sein mächtiger Uhrenturm. 


Natürlich erhielten wir auch die Gelegenheit die Kirche St. Pierre und St. Paul zu besichtigen. Sie ist nach dem Straßburger Münster der größte gotische Bau im Elsass. Im 14. Jahrhundert wurde er fertiggestellt. Sehenswert sind die prachtvollen alten Glasfenster im Chor und Querhaus.


Die eine Stunde „Freizeit“ nutzte ich, um mich ein wenig treiben zu lassen durch die kleinen Straßen und entlang der vor sich hinschlummernden Lauter. Gerne wäre ich eingekehrt in eines der hübschen Cafés, wo die Menschen zusammensaßen und den Sonntag gemeinsam genossen. Doch dafür reichte die Zeit einfach nicht, schon gar nicht, wenn man ortsfremd ist und den Bahnhof pünktlich zur Abfahrt des Zuges erreichen muss.



Vielleicht komme ich noch einmal hierher – die Stadt ist ja schnell erreicht. Dann würde es aber unbedingt ein Nicht-Sonntag sein, damit die Geschäfte geöffnet sind, und sich ein wenig mehr Leben zeigt. Außerdem würde ich mich von vorne herein frei von der Gruppe machen, um alles nach eigenem Geschmack zu erkunden und zu kosten. 


Dienstag, 11. Juli 2017

Gebt Computerviren keine Chance!

Computerviren, Spyware, „Trojaner“ und andere Infektionen aus den Weiten des Internets verursachen jährlich immens hohe wirtschaftliche Schäden (in Deutschland etwa sechzig Milliarden Euro), oftmals begleitet von einem ruinösen Imageverlust für die Betroffenen. Fast jeder zweite Computer weltweit wurde schon einmal mit Hilfe von Schadsoftware angegriffen. Cyberkriminalität ist zu einem echten Wirtschaftszweig geworden, in dem weltweit mehr Umsatz gemacht wird als auf dem Drogenmarkt. Ein Beispiel ist der spektakuläre Cyber-Angriff mit dem Schadprogramm „WannaCry“, bei dem im Mai 2017 über 230.000 Computer in 150 Ländern infiziert wurden, um Lösegeld zu fordern (und zu kassieren). Dass diese Attacke so „erfolgreich“ verlief, war vor allem extrem fahrlässigem Handeln geschuldet. Denn die „Opfer“ hatten ein Sicherheits-Patch der Firma Microsoft nicht eingespielt, so dass die Angriffe ungehindert durch die bestehenden Schwachstellen eindringen konnten. Neben der Anzahl der Attacken steigt auch die Zahl der bekannten Varianten von Schadsoftware (Malware). Laut Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik existierten im August 2016 mehr als 560 Millionen Schadprogramme. Das stellt ein riesiges Problem sowohl für private Anwender als auch für die Informationstechnik (IT) in Unternehmen dar. Wegen hoher Kosten und hohem Zeitaufwand, oder weil schlichtweg zu wenig Personal zur Verfügung steht, nehmen viele Unternehmen das Risiko eines Angriffs in Kauf und schützen sich nur unzureichend. Ein Aufrüsten erfolgt erst, wenn das Unternehmen selber von einem Hackerangriff betroffen war oder nach Bekanntwerden von großflächigen Cyber-Attacken. Dann kommen die IT-Sicherheitsunternehmen ins Spiel - gemäß einer branchenspezifischen Suche gibt es in Deutschland derzeit mehr als 1.200.


In Koblenz bietet diesbezüglich zum Beispiel der Computersicherheitsdienst „ProSec Networks“ seine Dienste an. Das Team überprüft Rechner, Server, Netze und Datendienste auf Sicherheitslücken, erarbeitet Schutzkonzepte und führt Schulungen und Beratung zum Thema IT-Sicherheit durch. Bei einem Interviewtermin raten Tim Schughart (Geschäftsführer) und Immanuel Bär (stellvertretender Geschäftsführer) zu proaktivem Handeln, um immense Schäden durch Betriebsausfälle oder Datenverlust zu vermeiden. Sie und ihre vier Mitarbeiter kommen ursprünglich aus der Hacker-Szene. Was motiviert einen Hacker, in Systeme von Unternehmen einzudringen? Mal sei es die sportliche Herausforderung, mal die Befriedigung von Rachegelüsten, aber in der Mehrzahl werde es schlichtweg als leichte Einnahmequelle betrachtet. Hacken ist allerdings kein Freizeitsport. Gemäß Strafgesetzbuch ist seit 1986 Computersabotage und die unbefugte Manipulation von Daten als spezielle Form der Sachbeschädigung zu ahnden. Um die Illegalität zu verlassen, setzen Schughart und Bär, schon seit frühester Jugend leidenschaftliche „IT-ler“, ihr mit den Jahren der Berufserfahrung und durch immer wieder neu auftretende Sicherheitsprobleme erlangtes Experten-Wissen jetzt im eigenen Unternehmen als „Berufs-Hacker“ ein. Als sogenannte „White-Hats“ arbeiten sie „an der Achillessehne“ von Unternehmen und haben sich deshalb Ethik und Verantwortung auf die Fahne geschrieben. Als leidenschaftlicher „Gray-Hat-Hacker“, wie sich Schughart bezeichnet, strebt er ungebunden an Auftäge an, Sicherheitslücken aufzuspüren - allein um die Aufmerksamkeit auf die Lücken zu lenken und den Handlungsbedarf aufzuzeigen. Leider, so Schughart, werden diese Hinweise oft genug ignoriert. Im Unterschied dazu sind die „Black-Hats“ mit krimineller Energie unterwegs, um Zielsysteme zu beschädigen oder Daten zu stehlen. Finanziell sei das wohl lukrativer, sagt Schughart, denn mit einem einzigen Angriff sei durchaus eine Million Euro Umsatz zu generieren. Demgegenüber stehe die Bezahlung nach Stundensatz in keinem Verhältnis. Trotzdem haben sich die beiden, die sich über ihren letzten Arbeitgeber, die Debeka-Versicherungsgruppe, kennenlernten, dafür entschieden, das Hacken als Auftragsgeschäft legal zu betreiben. Sie bedauern, dass es der großen Zahl der leidenschaftlichen Hacker in der Region nicht möglich ist, ihr Hobby zum Beruf zu machen, indem sie einen entsprechenden Ausbildungsgang an Universitäten und Hochschulen belegen, wie er an der Ruhr-Universität in Bochum bereits angeboten wird. Deshalb arbeiten sie jetzt an der Entwicklung eines solchen Studiengangs mit Hacker-Praktikum. Das Engagement von ProSec in Sachen Ausbildung richtet sich nicht nur an leidenschaftliche Hacker, sondern auch an die Manager von morgen. Ein erster Schritt auf dem Weg ist eine Kooperation mit dem IHK-Lehrstuhl für kleine und mittlere Unternehmen an der „WHU – Otto Beisheim School of Management“. Im Rahmen von Gastvorträgen soll hier den Managern von morgen das Thema IT-Sicherheit als Teil der Unternehmensstrategie „unter das Lehrfutter gemischt“ werden

ProSec, zu dessen Kunden Industrie-Unternehmen, Unternehmen aus der Finanzbranche, der Automobil-Industrie und sogar Regierungen, aber auch Hersteller von Sicherheitssoftware und kleinere Handwerksbetriebe zählen, bietet zudem in Schulen und Universitäten Trainingseinheiten an, mit denen das Bewusstsein der Anwender für Cyber-Gefährdungen geschärft werden soll. Das Wissen darum müsse allerdings reflektiert genutzt werden. Es gelte, die Gewichtung der Risiken auszuloten und Risikoakzeptanzen zu schaffen, denn eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht, sagt Bär, der mehr den Faktor Mensch im Visier hat, wenn es um IT-Sicherheit geht. „Social Engineering“ ist sein Thema. Die Wissenschaft beschäftigt sich mit den vielfältigen Techniken und Methoden, die der Täuschung und Manipulation durch Kommunikation dienen.


Wie man sich am besten schützt vor Cyber-Kriminalität, hänge letztlich von den Anwendern ab. Es müsse ein Sicherheitskonzept gefunden werden, das optimal auf ihren Umgang mit der Informationstechnik abgestimmt ist. Das gelte gleichermaßen für Unternehmen wie für private Anwender. Die Kombination aus einer guten Sicherheitssoftware, einer intelligenten Firewall und der regelmäßigen Installation von Software-Updates ist angeraten. Man müsse sich bewusst machen, dass letztlich jede Schnittstelle als Angriffsvektor von Hackern genutzt werden kann, sagt Schughart. Das kann das Mobilfunknetz genau so betreffen wie Funkverbindungen, zum Beispiel zur Autotür. Eines aber ist ganz sicher: Der Erfindungsreichtum der Cyber-Kriminellen wird den IT-Sicherheitsfirmen dauerhaft gut gefüllte Auftragsbücher bescheren.